Ein Kongreß auf/im Rollen. Bericht vom 1. Frankfurter Kongreß „Lifetime Sport Inline-Skating“

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Woll, Alexander
Erschienen in:Ze-phir
Veröffentlicht:6 (1999), 2 (Internationalisierung. Aktivitäten 1997-1999), S. 48-51, Lit.
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Zeitschriftenartikel
Medienart: Gedruckte Ressource Elektronische Ressource (online)
Sprache:Deutsch
ISSN:1438-4132, 1617-4895
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU201011009104
Quelle:BISp

Abstract

Neue Wege, Wissenschaft und Praxis zu verbinden, wurden während des 1. Frankfurter Kongresses „Lifetime Sport lnline-Skating“ auf dem Gelände des Landessportbundes Hessen beschritten. Im Rahmen eines wissenschaftlichen Diskurses über die derzeitige dynamische und weltweite Entwicklung der Sportart „InlineSkating“ wurden aus medizinischer, soziologischer und pädagogischer Sicht verschiedene Facetten dieses neuen „Zeitgeistphänomens“ beleuchtet. Aus sportmedizinischer Sicht machte Winfried Banzer deutlich, dass lnline-Skating durchaus gesund ist, wenn es richtig betrieben wird. lnline-Skating bedeutet ein spielerisches Training, das bei geringer Belastung des Bewegungsapparates gleichzeitig das Herz-Kreislaufsystem, die Koordination, Kraft und das persönliche Bewegungsgefühl fördert. Gerade die im Vergleich zum Laufen geringere Belastung der Wirbelsäule bei vergleichbarer Wirkung auf das Herz-Kreislaufsystem macht das Inline-Skating als Möglichkeit des Ausdauertrainings interessant, betonte Klaus Pfeifer in seinem Referat über die Muskelaktivität beim Inline-Skating. Weiterhin wurde aus biomechanischer Sicht der Frage nachgegangen, welche Unterschiede im Inline-Skating-Schritt in Abhängigkeit vom benutzten Schuh bestehen. Ist der Hartschalen- oder der Weichschalenschuh günstiger? Mehr Standsicherheit wurde von den Untersuchungspersonen berichtet, die den Weichschalenschuh benutzten, ergab die erste Vorstudie der Arbeitsgruppe von der Universität Münster. Neben den günstigen Wirkungen von Inline-Skating auf die Gesundheit, wurden jedoch auch die Verletzungen nicht ausgeklammert. So gab Hilgert von der Universität Hamburg einen Überblick über die Verletzungsmuster und -mechanismen sowie über Möglichkeiten der Prävention von Verletzungen. Wenn ein lnline-Skater sich in ärztliche Behandlung geben muss, dann handelt es sich bei 49 % aller Verletzten um Knochenbrüche, bei 27 % um Prellungen oder Schürfungen und bei 16 % um Kapsel-Band-Verletzungen. Interessanterweise liegt der Frakturanteil mit 62 % bei den Kindern deutlich höher. Hilgert machte deutlich, dass durch entsprechende Schutzmaßnahmen im Handgelenks- und Ellenbogenbereich die Anzahl der Verletzungen um bis zu 90 % zu senken ist. Am zweiten Kongresstag standen pädagogisch- soziologische Aspekte des Phänomens „Inline-Skating“ auf der Tagesordnung. Der Kölner Sportsoziolöge Volker Rittner stellte Verbindungen zwischen Inline-Skating und weiteren Entwicklungen innerhalb der „Erlebnisgesellschaft“ dar. Inline-Skating stellt nach Rittner eine hervorragende Möglichkeit dar, seinen eigenen Lebensstil zu demonstrieren. Dabei macht die Nähe zur Popkultur Inkline-Skating besonders für Jugendliche interessant. Anne Titze, mehrfache Weltmeisterin im Speedskaten, und Alexander Woll von der Universität Frankfurt zeigten anhand einer Befragung von 1600 Skatern auf, wie sich die Situation im Inline-Skating 1995 darstellte. Fast 2/3 der Skater waren 1995 jünger als 18 Jahre und überwiegend männlichen Geschlechts. Mit zunehmendem Alter veränderten sich auch die Motive, die beim Inlineskaten dominant sind. So wollen die unter 18Jährigen primär Spaß und Risiko erleben, während bei den über 30Jährigen, die im Durchschnitt 1,5 Stunden pro Woche skaten, das Gesundheits- und Fitnessmotiv dominiert. Nur 30 % der Skater tun dies allein, 70 % haben sich zu Gruppen zusammengeschlossen. Dabei handelt es sich überwiegend um informelle Gruppen, und der Organisationsgrad im Verein ist mit 7,4 % sehr gering. Dieser geringe Organisationsgrad steht im Widerspruch zum Vereinsinteresse. 70 % der Befragten hätten Interesse daran, ihren Sport im Verein auszuüben. Diese Zahlen machen deutlich, dass Inline-Skating durchaus auch Chancen für Vereine bietet, neue Mitglieder zu gewinnen. Inline-Skating ist inzwischen mit 10 Millionen verkauften Skates auch ein wichtiger Wirtschaftfaktor geworden, wie der Marketing-Chef der Skating Firma K2, Haibgewachs, verdeutlichte. Um Inline-Skating vom Trend zur dauerhaften Bewegung zu machen, laufen einige Projekte, wie z. B. das Projekt „Safer Skating in der Schule“. Im Rahmen dieses Projekts werden Lehrer für den Inline-Skating-Unterricht geschult, und Inline-Skating ist damit auf dem besten Weg, zum festen Bestandteil des Sportunterrichts und damit der Sportlandschaft zu werden, wie Bettina Schaar von der Deutschen Sporthochschule in Köln betonte. Mit dem Kölner lnline-Skating Marathon wurde von Harald Michels ein ganz konkretes Projekt vorgestellt, wie die Organisation und das Marketing eines „Massenevents“ abläuft. Wie sich die unterschiedlichen Zielgruppen adäquat ansprechen lassen, wie man Sponsoren und Organisationen findet, die sich an der Veranstaltung beteiligen, waren konkrete Fragen, die im Rahmen des Vortrages beantwortet wurden. Britta Kohlhase von der Universität Bochum gewährte in ihrem Vortrag über das Agressive Skaten als eine Form der sportiven Kinder- und Jugendkultur Einblicke in die Hintergründe und die spezielle Sprache der ‚Aggressive Skater’ gewährte. Wie sich diese Gruppen bilden, wie sie geregelt bzw. wie Konflikte innerhalb der Gruppe gelöst werden, was mit Jugendlichen geschieht, die aufgrund ökonomischer Defizite sanktioniert werden, waren weitere Fragestellungen dieses Vortrags. Am Ende des Kongresses wurden unter dem Motto „Wo rollen wir hin?“ Perspektiven für die Praxis des Inline-Skatings als auch für die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Thema aufgezeigt. In den Frankfurter Thesen wurden die Aufgaben skizziert und ganz konkrete Forderungen an die Sportpolitik formuliert. Schiffer (unter Verwendung wörtlicher Textpassagen)