Zur Diskussion: Sportwissenschaftler oder Mutterwissenschaftler – das ist hier die Frage

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Stoll, Oliver
Erschienen in:Ze-phir
Veröffentlicht:5 (1998), 2 (Hochschuldidaktik), S. 39-43, Lit.
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Zeitschriftenartikel
Medienart: Gedruckte Ressource Elektronische Ressource (online)
Sprache:Deutsch
ISSN:1438-4132, 1617-4895
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU201011009075
Quelle:BISp

Abstract

Das Problem „Sportwissenschaftler versus Mutterwissenschaftlter“ ist in der Arbeitsgemeinschaft Sportpsychologie (asp) nicht neu und wird seit ca. drei Jahren kontrovers diskutiert. Erstmals kam diese Thematik auf der Jahrestagung der asp 1995 in Tübingen zur Sprache. Im Rahmen einer Forumsdiskussion wurde die Problematik angesprochen, ob Sportwissenschaftler überhaupt psychologisch intervenieren dürften oder nicht bzw. welche Qualifikationen für Sportpsychologen optimal wären. Dass dieses Problem überhaupt auftritt, hängt mit der Tatsache zusammen, dass speziell in der sportpsychologischen Intervention mitunter Verfahren angewandt werden müssen, die eigentlich der klinischen Psychologie bzw. der Psychotherapie im engeren Sinne zuzuordnen sind. Sportwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler haben i. d. R. keine psychotherapeutische Ausbildung und verfügen normalerweise auch nicht über die nötigen Qualifikationen. Diplom-Psychologinnen und Psychologen müssen nach ihrer akademischen Laufbahn eine Psychotherapieausbildung durchlaufen, sofern sie praktizieren wollen. Diese Berufsgruppe hat jedoch mit Abschluss ihrer akademischen Laufbahn die nötigen Grundlagen für eine Psychotherapieausbildung erworben. Sportwissenschaftlerinnen und Sportwissenschaftler, die im Rahmen ihrer Tätigkeit psychotherapeutische Verfahren anwenden, befinden sich somit in einer „Grauzone“, d. h. sie tun etwas, wozu sie eigentlich keine Qualifikation haben. Auf diese „Grauzone“ ist sehr wahrscheinlich auch der Berufsverband der Psychologen (bdp) aufmerksam geworden, denn etwa zeitgleich (1995) bekam der asp-Vorstand vom bdp eine offizielle Anfrage verbunden mit der Bitte, ein Statement zum Tätigkeitsfeld „Sportpsychologische Intervention“ anzufertigen. Die Kernaussage dieses Statements lautet, dass weder der alleinige Abschluss in Psychologie noch in Sportwissenschaft als ausreichend angesehen werden kann, um sportpsychologisch tätig zu werden. Wünschenswert wäre eine Doppelqualifikation. Als Mindestvoraussetzung ist der Abschluss in einem der beiden Fächer und eine Vertiefung in dem jeweils anderen Fach zu fordern. Diese kann so erbracht werden, dass 1. ein Diplom-Psychologe sich an einem sportwissenschaftlichen Institut in entsprechender Weise mit sportpsychologischen Themen befasst, 2. ein Sportwissenschaftler sich an einem Psychologischen Institut oder an einem sportwissenschaftlichen Institut mit sportpsychologischen Themen befasst und dabei sich insbesondere in die psychologische Methodenlehre einarbeitet, um sich dann durch die Promotion und Habilitation weiterzuqualifizieren. Beides sind wissenschaftliche Weiterqualifikationen zum Sportpsychologen, wobei ein nicht unerheblicher Teil der praktisch tätigen Sportpsychologen sich aus den universitären Instituten rekrutiert. Darüber hinaus werden verschiedene außeruniversitäre sportpsychologische Fortbildungsmöglichkeiten angeboten. Diese richten sich an das Erlernen von sportpsychologischen Interventionsmethoden in verschiedenen Arbeitsfeldern. In der Bundesrepublik bietet die asp in Zusammenarbeit mit dem bdp ein Curriculum ‚Fortbildung in Sportpsychologie’ an. Teilnahmeberechtigt sind Personen, die ein Studium der Psychologie und/oder Sportwissenschaft abgeschlossen haben. Verf. vertritt die persönliche Auffassung, dass in der Sportpsychologie reine Sportwissenschaftler reinen Psychologen nicht nachstehen. Entscheidend ist für ihn alleine die Qualität der Arbeitsleistung, die sich vor allem auch in Publikationen in wissenschaftlichen Zeitschriften, die sich aufgrund ihres Reviewverfahrens in der psychologischen scientific community etabliert haben, niederschlägt. Die Forderung nach einer Doppelqualifikation sowohl als Sportwissenschaftler als auch als Diplom-Psychologe hält er für unrealistisch. Machbar und empfehlenswert ist jedoch das Absolvieren von Praktika im jeweils anderen Wissenschaftsbereich. Schiffer (unter Verwendung wörtlicher Textpassagen)