Fußballfans im Visier der Staatsmacht

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Braun, Jutta; Teichler, Hans Joachim
Erschienen in:Sport in der DDR. Eigensinn, Konflikte, Trends
Veröffentlicht:Köln: Sport u. Buch Strauß (Verlag), 2003, S. 561-586, Lit.
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Sammelwerksbeitrag
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
Schlagworte:
DDR
Fan
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU200407002013
Quelle:BISp

Abstract

Im Mittelpunkt des Beitrages stehen die Einschätzung und Bearbeitung der Fanproblematik durch die ostdeutsche Staatsmacht. Es wird geklärt, welche Verhaltensformen der Fans vom SED-Staat und seinen Sicherheitsorganen als abweichend registriert wurden. Die Staatssicherheit beobachtete argwöhnisch die lebhafte Fankultur in den Stadien, die die als Teil einer Massenpsychose deutete. Die Fanclubs bereiteten der Staatsmacht vor allem deshalb Sorgen, da es sich bei ihnen um nicht registrierte Gruppen von Jugendlichen handelte. Die spontane Selbstorganisation der Fußballanhänger wurde als unberechenbarer Faktor angesehen, da bei weiterer unkontrollierter Entwicklung der Tätigkeit der Fanclubs nicht auszuschließen sei, dass sie zum Sammelbecken für politische indifferente und gegnerische Elemente würden. In den 1970er Jahren entwickelten die Ausschreiungen eine Eigendynamik, die nicht mehr an das Spiel gebunden waren. Seit Ende der 1970er Jahre wurden rechtsextreme Vorkommnisse im Fan-Milieu der DDR verzeichnet. In DDR-Fußballstadien ertönten wiederholt Rufe, die explizit die repressiven Züge des SED-Staates, besonders die Existenz der Mauer, anprangerten. Mit Argwohn wurde von der DDR-Staatsmacht alles registriert, was eine gesamtdeutsche Solidarität bzw. Sympathie unter den Fans erkennen ließ. Die DDR-Fans zeigten ihre Verbundenheit mit den westdeutschen Fußballclubs durch das Zeigen von Transparenten in den Stadien. Diese dort genannten Grußformeln enthielten keine aggressiven oder rechtsradikalen Inhalte, dennoch wurden sie von der Staatssicherheit nicht geduldet und unterbunden. Die betreffenden Fans wurden in den Akten als Täter geführt und damit kriminalisiert. Nicht die Androhung von Gewalt, sondern deutsch-deutsche Freundschaftsbezeugungen versetzten die Staatsmacht in Alarmbereitschaft. Weinke