Die konfliktreiche Entwicklung des Karatesports in der DDR

Gespeichert in:
Bibliographische Detailangaben
Autor:Repmann, Kurt
Erschienen in:Sport in der DDR. Eigensinn, Konflikte, Trends
Veröffentlicht:Köln: Sport u. Buch Strauß (Verlag), 2003, S. 501-531, Lit.
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Sammelwerksbeitrag
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
Schlagworte:
DDR
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU200407002011
Quelle:BISp

Abstract

An der Geschichte der Trendsportart Karate in der DDR lassen sich Widerstände und Forderungen sowie Ausübung und Verbreitung einer nicht staatlich geförderten und unterdrückten Sportart in der DDR beschreiben. Mit Hilfe von Zeitzeugeninterviews ist es Verf. gelungen, die gesellschaftliche Nische dieses Trendsports sowie eigensinniges Verhalten unter den Bedingungen staatlicher Repression nachzuzeichnen. Die Anfänge des Karatesports in der DDR reichen bis in die späten 1960er Jahre zurück. Zahlreiche Berichterstattungen in den Medien sowie in- und ausländische Filmproduktionen im DDR-Fernsehen verhalfen dieser Sportart zu einer gewissen Popularität. In der Bevölkerung regte sich der Wunsch, Karate selbst auszuüben. Der Deutsche Turn- und Sportbund (DTSB) reagierte 1979 mit dem sog. Karatebeschluss, in welchem diese Sportart für unzulässig nach den Statuten des DTSB erklärt und die Ausübung des Karatesports für die DTSB-Mitglieder untersagt wurde. Trotz der Verweigerung des DTSB nahm die Entwicklung und Verbreitung des Karatesports in den 1980er Jahren einen raschen und stetigen Verlauf. Mit dem Anwachsen der Karateszene außerhalb des DTSB zog diese auch die erhöhte Aufmerksamkeit der Staatsorgane auf sich. Die Karateka mussten jederzeit mit Verhaftung und Inhaftierung rechnen. Jedoch hinderte es die Staatsführung nicht daran, die Sportart Karate für den eigenen Dienstgebrauch zu verwenden. Die Tatsache, dass es offiziell in der DDR kein Karate gab, hinderte einzelne Sektionen der Nationalen Volksarmee nicht daran, in eigenen Medien über die Ausübung des Karatesports zu publizieren. Wie wenig die DTSB-Führung in der Lage war, sich in die Ansprüche und Vorstellungen der Trendsportler hineinzudenken, zeigte u.a. der letzte aussichtslose Versuch Ende der 1980er Jahre, Karate in den Judoverband zu integrieren und den Sportgemeinschaften der Sicherheitsorgane und des Militärs vorzubehalten. Die hier vorgestellte Studie belegt die These von Austermühle, dass sich sportliche Nischen immer dann in der DDR entwickeln und stabil entfalten konnten, wenn die Kontrollinstanzen aufgrund der Stärke eines sportlichen Trends fachlich und personell überfordert waren. Weinke