Doping in der Bundesrepublik Deutschland : zur Geschichte, Phänomenologie und Soziologie eines vernachlässigten Problems

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Singler, Andreas; Treutlein, Gerhard
Erschienen in:Sportwissenschaftler und Sportwissenschaftlerinnen gegen Doping : Dokumentation des Symposiums am 19. und 20. Oktober 2000 in Köln
Veröffentlicht:Köln: Sport u. Buch Strauß (Verlag), 2002, S. 95-100, Lit.
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Sammelwerksbeitrag
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
Schlagworte:
DDR
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU200404001076
Quelle:BISp

Abstract

Nicht nur in der DDR und im übrigen Ostblock, sondern auch im Westen einschließlich der Bundesrepublik Deutschland wurde (und wird) gedopt. Entgegen der häufig geäußerten Annahme, der Ost-West-Konflikt sei ursächlich für die Entwicklung des Dopingproblems in der Bundesrepublik Deutschland dürfte das Aufkommen vor allem von Anabolika im westdeutschen Leistungssport auf übertriebenen sportlichen Ehrgeiz und auf den Wunsch zurückzuführen sein, die Leistungsdifferenz zu Spitzensportlern in den USA zu verringern. Trainingsmethodisch plausibel wurde die Anabolikaverwendung zudem um 1960 durch das sich zunehmend durchsetzende Krafttraining, da durch Anabolikaverwendung die Kraftentwicklung in bislang unbekanntem Ausmaß unterstützt werden konnte. Doping im Spitzensport der Bundesrepublik Deutschland muss als Problem des Sports (und des Staates) insgesamt betrachtet werden, nicht nur als Problem einzelner Sportler. Zwar ist eine dem DDR-Doping ähnliche staatliche Steuerung für den Westen nicht bekannt, dies bedeutet jedoch nicht, dass in der Bundesrepublik Deutschland bis zur Wende nicht auch mit staatlicher Unterstützung gedopt worden wäre. Eindeutig, wie sich heute zweifelsfrei beweisen lässt, diente z. B. die von der Bundesregierung geförderte Testosteronforschung der 80er Jahre dem Doping - und zwar mit Wissen und Billigung der Regierung unter dem Siegel der "Humanität im Spitzensport". Doping war im Westen zwar weit verbreitet, ist aber dennoch nicht mit dem intensiveren Ost-Doping vergleichbar. Die These vom kontrollierten Ost-Doping mit angeblich überschaubaren gesundheitlichen Risiken im Gegensatz zum angeblich unkontrollierten und häufig überdosierten Westdoping als der gefährlicheren Variante ist eine historische Lüge. Schiffer