Doping in der DDR. Lehren aus der Analyse eines devianten Systems

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Spitzer, Giselher
Erschienen in:Sportwissenschaftler und Sportwissenschaftlerinnen gegen Doping : Dokumentation des Symposiums am 19. und 20. Oktober 2000 in Köln
Veröffentlicht:Köln: Sport u. Buch Strauß (Verlag), 2002, S. 37-48, Lit.
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Sammelwerksbeitrag
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
Schlagworte:
DDR
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU200404001069
Quelle:BISp

Abstract

Verf. stellt das Besondere, wodurch sich das Doping in der DDR gegenüber anderen Dopingformen und Gesellschaften, in denen Sportbetrug durch Pharmaka sich ereignet, in 16 Thesen dar: 1. Es kam aufgrund der Kaderzugehörigkeit ohne Mitwirkung des Athleten zum "Zwangsdoping". 2. Das "Zwangsdoping" stand unter staatlicher Aufsicht und wurde mit staatlicher Finanzierung durchgeführt. 3. Mitwissen und Mitwirken der Aktiven war die Ausnahme. 4. Dopingpraktiken waren faktisch juristisch freigegeben, neben der Selbststeuerung durch den Sport trat die Überwachung durch den Geheimdienst. 5. Zentrale Dopingrichtlinien und -pläne der Sportverbände regelten sogar die Dosierung für den einzelnen Athleten. 6. Geheimdienst und Streitkräfte sowie die SED ermöglichten die zusätzliche Versorgung mit Dopingmitteln. 7. Ein erheblicher Anteil der Dopingmittel bestand aus illegalen Experimentiersubstanzen mit ungeklärten Nebenwirkungen und Spätfolgen. 8. Alle ausgewählten Aktiven einer Dopingsportart wurden gedopt; Verweigerung war nicht möglich. 9. Athleten hatten wegen des Beginns im Junioren- oder gar Kindesalter eine lange Dopingmittelkarriere. 10. Staatliche Geheimforschung suchte ständig verbesserte Möglichkeiten der Verschleierung der eigenen Dopingpraktiken gegenüber der Sportwelt ("Ausreisekontrollen" und "Überbrückungsdoping"). 11. Staatliche Geheimforschung war hauptsächlich "anwendungsorientiert", ohne zuvor die Grundlagen der Wirkungsweise zu erforschen. 12. Differenzierte Kenntnisse negativer gesundheitlicher Nebenwirkungen waren im System nicht etwa nur bekannt, sondern aufgrund der rechtlichen Ausnahmestellung Grundlage der ärztlichen Tätigkeit und der Trainingsmethodik. 13. Grundlage war permanente ärztliche Kontrolle durch Dopingspezialisten. 14. das sportliche Ergebnis wurde stets höher bewertet als der Gesundheitszustand der Gedopten. 15. alle Gesundheitsdaten wurden nach Karriereende gefälscht. 16. Zur Geheimhaltung von Dopingfolgen gab es die Zwangseinweisung von Geschädigten in Berufe, die zur Konspirierung von Dopingfolgen geeignet waren. Folgende "Lehren" können aus dem DDR-Doping-System gezogen werden: 1. Eine kontrollierte Freigabe von Doping führt nicht zur Begrenzung auf niedrigem Niveau. 2. Doping schädigt die Gesundheit. Schiffer