Zur nationalen Sicht : überleben die Nationalmannschaften die Professionalisierung des Sports?

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Schellhaaß, Horst-Manfred
Erschienen in:Verschwinden nationale Auswahlmannschaften in einer "offenen" Gesellschaft? Folgen einer von Vereinsinteressen geleiteten Liga-Politik und ihre Auswirkungen auf die Nachwuchsförderung. Dokumentation des Workshops am 25. Januar 2001 im Deutschen Olympischen Institut (DOI) in Berlin
Veröffentlicht:Köln: Sport u. Buch Strauß (Verlag), 2001, S. 45-51, Lit.
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Sammelwerksbeitrag
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU200210003026
Quelle:BISp

Abstract

Eine nach betriebswirtschaftlichen Kriterien geführte Liga wird auch die für den Verband zu erbringenden Leistungen diesem Kalkül unterwerfen. So muss aus ökonomischer Sicht die Abstellung eines Nationalspielers unter Einbeziehung aller materiellen und immateriellen Kosten und Erlöse für den Bundesligaverein als Arbeitgeber unter dem Strich mindestens zu einer schwarzen Null führen. Dies bedeutet konkret, dass die Verbände die Vereine marktgerecht für die entgangenen Einnahmen auf-grund der Länderspiele entschädigen müssen. Ferner setzt eine starke Nationalmannschaft zwingend funktionsfähige Märkte zur Ausbildung von Nachwuchsspielern in Deutschland voraus. Diese Voraussetzung ist nach dem Verbot der Transfe-rentschädigung durch den EuGH nicht mehr erfüllt. Vor "Bosman" war die Investition in das Humankapital der Spieler für die Vereine eine echte Investition; entweder hat der Spieler durch seine Einsätze in der ersten Mannschaft sowohl seine eigenen als auch die Ausbildungskosten für seine weniger erfolgreichen Kameraden eingespielt oder der ausbildende Verein ist bei einem Wechsel des Spielers durch die Transferentschädigung kompensiert worden. In jedem Fall standen den Kosten der Ausbildung Erträge gegenüber, so dass ein ökonomischer Anreiz für den Einsatz von bundesligatauglichen Nachwuchsspielern gegeben war. Seit dem Verbot der Transferentschädigung hat sich die Ausbildung von Nachwuchsspielern zu einem sicheren Verlustgeschäft gewandelt. Seither muss einem Spieler bei einem Einsatz in der Bundesligamannschaft das gleiche Gehalt gezahlt werden, unabhängig davon, ob er aus dem eigenen Nachwuchs oder aus dem Ausland kommt. Stammt er aus dem eigenen Nachwuchs, muss der Verein die Ausbildungskosten tragen, kommt er dagegen aus dem Ausland, erhält der Verein einen fertigen Spieler ohne jede Beteiligung an den Ausbildungskosten. Dies ist die ökonomische Ursache, warum die Vereine derzeit ihre Mannschaften mit Spielern aus Nicht-EU-Ländern füllen und warum die Ausbildung von Nachwuchsspielern in Deutschland gegenwärtig die größte Schwachstelle der Verbandspolitik ist. Schiffer