Verschwinden nationale Auswahlmannschaften in einer "offenen" Gesellschaft? Folgen einer von Vereinsinteressen geleiteten Liga-Politik und ihre Auswirkungen auf die Nachwuchsförderung. Dokumentation des Workshops am 25. Januar 2001 im Deutschen Olympischen Institut (DOI) in Berlin

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Bibliographische Detailangaben
Herausgeber:Büch, Martin-Peter
Veröffentlicht:Köln: Sport u. Buch Strauß (Verlag), 2001, 84 S., Lit.
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Monografie
Medienart: Gedruckte Ressource
Dokumententyp: Sammelband
Sprache:Deutsch
ISBN:3890013619
Schriftenreihe:Wissenschaftliche Berichte und Materialien des Bundesinstituts für Sportwissenschaft, Band 2001,11
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU200210003021
Quelle:BISp

Abstract

Sport - und insbesondere das Sportspiel - hat in der Nachkriegszeit in der Bundesrepublik Deutschland mit seiner identitätsstiftenden Wirkung wesentlich zur inneren Stabilität beigetragen. Die Erfolge deutscher Sportspielmannschaften wurden dabei als nationale Angelegenheit gesehen. Inzwischen hat die Europäische Union zu einer Änderung der Rahmenbedingungen für den Sport geführt. Sechs Jahre nach dem sog. Bosman-Urteil und seinen Auswirkungen muss man sich fragen, ob leistungsfähige und wettbewerbsfähige nationale Auswahlmannschaften in unserer offenen Gesellschaft verschwinden. Insbesondere in der Fußball-Bundesliga sind die Mannschaften stark mit nichtdeutschen Nationalspielern aus anderen Verbänden besetzt. Dies zeigt, wie eine Veränderung von Institutionen (und die Transferent-schädigung ist eine derartige Institution) sich auswirken kann, weil die mit der Transferentschädigung verbundenen Anreizwirkungen verlorengegangen sind. Allzu deutlich werden mit dem sog. Bosman-Urteil die unterschiedlichen Interessenlagen von Vereinen und Verbänden. Vereine sind an leistungsstarken Mannschaften inter-essiert, die auch international erfolgreich spielen können; daher werden Spieler von überall her verpflichtet, um spielstarke Mannschaften zusammenzustellen. Dagegen sind die Verbände daran interessiert, international wettbewerbsfähige Mannschaften mit deutschen Spielern aufstellen zu können. Dies ist umso wichtiger, als die Verbände sich häufig aus Spielen der jew. Nationalmannschaften finanzieren. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage nach der grundsätzlichen Notwendigkeit von Nationalmannschaften angesichts exzellenter, international wettbewerbsfähiger Vereinsmannschaften. Beispielsweise ist es heute möglich, dass die französische Nationalmannschaft als Mannschaft der deutschen Fußballbundesliga auflaufen könnte. Die durch das sog. Bosman-Urteil hervorgerufenen Veränderungen des Spielertransfersystems haben dabei durchaus positive und negative Konsequenzen. Einerseits tragen ausländische Spieler zur Bereicherung des Spiels bei. Andererseits muss eine Situation geschaffen werden, in der die Vereine auch jungen deutschen Spielern eine Chance geben können, sich zu leistungsfähigen Athleten zu entwickeln. Wichtig ist auch, dass diejenigen, die jungen Menschen helfen, sich zu entwickeln, nicht abseits stehen, wenn diese gut ausgebildeten Athleten später aufgrund ihrer Ausbildung zu Vermögenspositionen kommen. Schiffer