Alternative Verhaltensnormen im Arbeitersport?

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Eichberg, Henning
Erschienen in:Sportwissenschaft (Schorndorf)
Veröffentlicht:5 (1975), 1, S. 69-80, Lit.
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Zeitschriftenartikel
Medienart: Elektronische Ressource (online) Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
ISSN:0342-2380, 1868-1069
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU200009000211
Quelle:BISp

Abstract

Die Arbeitersportbewegung entstand nach der Aufhebung des Sozialistengesetzes 1893 mit der Gründung des Arbeiter-Turnerbundes, sie war gleichzeitig mit der sozialistischen Arbeiterbewegung eng verbunden und galt als deren "dritte Säule" neben der SPD und den Gewerkschaften. Auch wenn die Arbeitersportverbände gegenüber den nicht sozialistischen "bürgerlichen" immer in der Minderheit waren und es ihnen nicht gelang, die Mehrzahl der sporttreibenden Arbeiter in ihren Reihen zu vereinigen, so stellen sie doch einen bedeutenden Faktor in der politischen wie kulturellen Geschichte der Arbeiterbewegung und des Sports dar. Aus Sichtdes Verf. ist es verwunderlich, dass die Arbeitersportbewegung bis in die jüngste Sportgeschichtsschreibung der Bundesrepublik Deutschland weitgehend unbeachtet blieb, während die Geschichtsforschung in der DDR zahlreiche Dissertationen und andere akademische Arbeiten hierzu veröffentlichte. Erst durch die kulturhistorischen Impulse der späten 60er Jahre wurde man darauf aufmerksam, dass es in Deutschland eine Bewegung mit dem Anspruch gab, ein alternatives Sportverständnis zu repräsentieren. Die historische Wiederentdeckung der Arbeitersportbewegung zeigt sich nach Ansicht des Verf. vor allem darin, dass im Jahre 1973 gleich drei Darstellungen zur Geschichte des deutschen Arbeitersports erschienen sind: 1. Der politikgeschichtliche Versuch von H. Timmermann; 2. Der strukturtheoretische Versuch von J. Fischer und P.-M. Meiners; 3. Der empitische Versuch von H. Ueberhorst. Verf. vertritt die Meinung, dass die allein politikgeschichtlich ausgerichtete Diskussion um die deutsche Arbeitersportbewegung dort an ihre Grenzen stößt, wo sie die Dispute verstorbener Fraktionen nur wertend nachzuvollziehen sucht - sei es die der KPD (DDR-Forschung), der KPD-Linken (Fischer/Meiners), der SPD (Ueberhorst) oder aber die der Einheitsfrontler (Timmermann). Um die Erforschung des Arbeitersports und darüber hinaus die gesellschaftlichen Funktionen des Sports generell transparenter zu machen, sollten nach Auffassung des Verf. auch die strukturanalytischen Veröffentlichungen Helmut Wagners aus den 30er Jahren herangezogen werden. Diese Veröffentlichungen, die hier näher skizziert werden, zeigen, dass nicht nur die "Führung" und die politische Ausrichtung der Arbeitersportverbände gesellschaftspolitisch relevant waren, sondern auch deren Sportbetriebe mit ihren Normen und Bewegungsweisen. Lemmer