60 Jahre Carnitinforschung an der Universitaet Leipzig

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Luppa, Dietmar
Erschienen in:Leipziger sportwissenschaftliche Beiträge
Veröffentlicht:35 (1994), 2, S. 69-75, Lit.
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Zeitschriftenartikel
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
ISSN:0941-5270
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU199707205794
Quelle:BISp

Abstract des Autors

Es gibt nur wenige Nahrungsbestandteile, denen derzeit im Sport so grosse Aufmerksamkeit geschenkt wird wie dem L-Carnitin. In den letzten zehn Jahren verging wohl keine Woche, in der nicht Publikationen zur Wirkung von L-Carnitin auf die Leistungsfaehigkeit in verschiedenen Sportarten erschienen sind. Insbesondere in den Ausdauerdisziplinen wird versucht, den Wunsch nach groesserer Widerstandsfaehigkeit gegen Ermuedung durch zusaetzliche L-Carnitinzufuhr besser erfuellen zu koennen. Die Begruendung liefert die experimentell gesicherte Wirkung des L-Carnitins auf den Muskelstoffwechsel. Ohne L-Carnitin kann kein Molekuel der langkettigen Fettsaeuren die Mitochondrienmembran passieren und fuer die Energiebereitstellung genutzt werden. Eine optimale Nutzung der nahezu unbegrenzten Fettreserven im menschlichen Organismus bei gleichzeitiger Schonung der fuer hohe Belastungsintensitaeten unersetzlichen Glykogendepots ist nur bei ausreichendem Angebot von L-Carnitin in den Muskelfasern moeglich. Die herausragende Rolle des L-Carnitins als Carrier im Fettstoffwechsel ist laenger bekannt als die gegenwaertig propagierten Empfehlungen zur Supplementierung der Ernaehrung im Sport vermuten lassen. Bereits zu Beginn der 60er Jahre konnte gezeigt werden, dass L-Carnitin die Oxidation der langkettigen Fettsaeuren in den Mitochondrien stimuliert, und kurz darauf wurde seine Carrierfunktion nachgewiesen (1). Die Geschichte der Carnitinforschung beginnt aber schon im Jahre 1905, als es nahezu gleichzeitig und unabhaengig voneinander von russischen (Gulewitsch und Krimberg) und deutschen (Kutscher u. Mitarb.) Forschern entdeckt wurde. Waehrend der vergangenen 60 Jahre hat die L-Carnitinforschung nichts an ihrer Aktualitaet eingebuesst. Das Interesse an den Ergebnissen ist staendig gewachsen und hat von der Biochemie ausgehend auf fast alle klinischen Disziplinen der Medizin uebergegriffen. Seit Beginn der 80er Jahre hat es einen festen Platz unter den Inhaltsstoffen der Nahrung, deren Effekte aus der Sicht der Sportwissenschaft wissenschaftlich untersucht werden und die nicht die Kriterien erfuellen, die fuer Dopingmittel gelten. Der hohe Stellenwert, den die Supplementierung unter Sportlern geniesst, laesst sich daran veranschaulichen, dass beispielsweise der Sieg von Spiridon Louis im Marathonlauf 1896 bei den ersten Olympischen Spielen der Neuzeit und der Sieg der italienischen ueber die deutsche Nationalmannschaft bei der Fussballweltmeisterschaft 1982 dem L-Carnitin zugeschrieben werden. Spiridon Louis konnte als Schaefer durch die Ernaehrung mit Schaffleisch, das unter den Nahrungsmitteln die Spitzenposition im L-Carnitingehalt einnimmt, eine optimale Zufuhr sichern. Die Italiener begannen als erste mit der Supplementierung der Nahrung ihrer Sportler mit L-Carnitin. Die gegenwaertig an der Universitaet Leipzig bearbeiteten Forschungsthemen spiegeln den disziplinuebergreifenden Charakter der modernen L-Carnitinforschung wider. An der Medizinischen Fakultaet werden die von Strack begruendeten Traditionen weitergefuehrt und in Kooperation experimentell-theoretischer und klinischer Fachgebiete vorrangig Fragestellungen der Praevention und Therapie von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bearbeitet. Die Sportmedizin an der Sportwissenschaftlichen Fakultaet fuegt sich in die Kooperationsbeziehungen ein mit der Zielstellung der Supplementierung der Ernaehrung der Sportler entsprechend dem Bedarf in den verschiedenen Sportarten. Verf.-Referat