Abstract

Die mit Bezug auf die antike griechische Erziehung sogenannten sokratischen Werte wurden Ende des vergangenen Jahrhunderts in der britischen Eliteschule von Eton als Reaktion auf den herrschenden Kult der Athletik eingefuehrt. Die Gruppe der sokratischen Lehrer stand in offener Opposition zu den traditionellen Lehrmethoden und Inhalten der Schulausbildung des Viktorianismus. Entgegen der herkoemmlichen Methode, die Schueler mit Zwangs- und Strafmassnahmen zur Disziplin zu bewegen, standen die sokratischen Lehrer fuer eine intellektuelle Auseinandersetzung mit den griechischen und lateinischen Vorbildern und setzten ganz auf eine emotionale Beziehung zwischen ihnen und den Schuelern. Im Grunde Revolutionaere einer ueberkommenen Didaktik bezeichneten sich die Initiatoren selbst als Reaktionaere, die um die Bewahrung des kulturellen Erbes der Gentlemen-Schule bemueht seien, um so einem zu befuerchtenden Ausschluss zu entgehen. Die Oeffentlichkeitsarbeit und die ueberzeugende Praxis fuehrten zu einer eindeutig positiven Beurteilung des neuen Stils. Die Schueler selbst waren begeistert und so konnte die Kultur der Auflehnung in Eton im Sinne der Sokratiker ihre Inhalte finden. Die Praktiken der Sexualerziehung der Heranwachsenden wurde von den gegnerischen Vertretern des Athletik-Kults als unmoralisch und weiblich verurteilt. Als eine kontinuierliche Bewegung gegen das Establishment konnten die Sokratiker von Eton zahlreiche kritische Intellektuelle fuer die britischen Universitaeten, insbesondere King's und Balliol, ausbilden. SaSch